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Kerweih als dörfliches Gemeinschaftsfest

 

 

Nitzkydorfer Kirchweihfest 2018: Neugegründete Tanzgruppe „Kornblumen“ im Mittelpunkt

Die am zweiten Tag des Kulturereignisses in Nitzkydorf gefeierte Kirchweih war – nach jener von 2015 – die zweite seit der Wende. Es war erfreulich und rührend zugleich, in Nitzkydorf wieder so „e langi Reih wie in de beschte Johre“ mit wunderschönen Trachten und in Begleitung vertrauter Blasmusikklänge zu sehen. Nach der Auswanderung der Deutschen hatte es lange nicht danach ausgesehen, als käme ein Kirchweihfest noch jemals zustande. „Das hätte ich bis vor einigen Jahren nicht für möglich gehalten“, so Hildegard Anghelaș, die Vorsitzende des Nitzkydorfer deutschen Ortsforums. Und dass diesmal die neu gegründete, aus Kindern und Jugendlichen bestehende Tanzgruppe „Kornblumen Nitzkydorf“ in ihrer neuen Kirchweihsonntagstracht im Mittelpunkt stand, ist umso erfreulicher. Diese neuen Entwicklungen widerspiegelte auch das Motto der Kulturtage: „Nichts ist vergangen, nichts ist verloren“ – übrigens ein Zitat des aus Nitzkydorf stammenden Schriftstellers Balthasar Waitz.

Auch zum Kirchweihfest waren zur Freude der Veranstalter viele Ehrengäste gekommen: Călin Dobra, Vorsitzender des Temescher Kreisrates, der Temescher PSD-Senator Eugen Dogariu, Dr. Narcis Bobic, Mitglied des Temescher Kreisrates, Edith Singer, Vorsitzende des Demokratischen Forums der Banater Deutschen in Temeswar, der Schriftsteller und BZ-Redakteur Balthasar Waitz, Hans Metzger, Vorsitzender des Kreisverbandes Ingolstadt der Banater Schwaben mit Gattin, die Ingolstädter Stadträtin Simona Rottenkolber – ihr Vater war viele Jahre Oberbürgermeister in Ingolstadt und hatte die Banater Schwaben bei der Errichtung des Seniorenzentrums tatkräftig unterstützt – mit Gatten. Für die Stadträtin und ihren Ehemann gab es ein Ständchen zum Hochzeitstag.

Es fehlte an nichts an diesem Tag, alles war nur vom Feinsten: Trachten, Gottesdienst, Musik, Festessen, Geselligkeit. Viel wurde darüber in den Medien berichtet und noch mehr wurde auf Fotos und Videos verewigt. Wir waren von so großer Beteiligung überwältigt. Der Erfolg hat viele Namen. Danke an alle fürs Mitgestalten, fürs Dabeisein.

Nachfolgend der Artikel zur Kirchweih unseres Landsmannes Balthasar Waitz, erstveröffentlicht in der „Banater Zeitung“.

Dr. Hella Gerber



„Buwe, was hamer heit? Kerwei!“ – Die beliebten Rufe aus jugendlichen Kehlen erklangen wieder am 4. August, bei strahlendem Sonnenschein, in den Dorfgassen von Nitzkydorf. Es war ein Kirchweihfest wie überall in der Banater Hecke, nach altem schwäbischem Brauch mit Blasmusik, Trachtenpaaren mit Strauß, Gottesdienst in der katholischen Pfarrkirche, Tanzreigen und Ball sowie einer lustigen Kegelpartie wie früher um den Schafbock.

Und doch hatten die Organisatoren, die Heimatortsgemeinschaft Nitzkydorf und das Demokratische Forum der Deutschen in Nitzkydorf zusammen mit der Gemeindeverwaltung, überraschende Neuerungen parat: Es war erstens, wie in den letzten Jahren, ein schönes Gemeinschaftsfest der ehemaligen deutschen Bewohner, heute unter der Anleitung der HOG Nitzkydorf (Vorsitzende Dr. Hella Gerber, Augsburg) und der neuen rumänischen Ortsbevölkerung mit großzügiger Unterstützung durch Bürgermeister Dănuţ Drăghici. Zweitens hatte die neugegründete Nitzkydorfer schwäbische Tanzgruppe „Kornblumen“ gemeinsam mit ihrem Pendant, der örtlichen rumänischen Volkstanzgruppe, diesmal liebe Gäste: Außer denjenigen aus dem Raum Augsburg, die banatschwäbische Tanzgruppe aus Busiasch, „Banater Rosmarein“ aus Temeswar und gleich zwei Tanzgruppen aus Detta. „Edelweiß“, die Dettaer Freunde, präsentierten sich mit einer interessanten Senioren-Gruppe in Altmänner- und Altweibertracht und einer Tanzgruppe der Jüngsten, deren Enkelkinder.

Im Februar fanden die ersten Tanzproben in Nitzkydorf unter Anleitung des Rekascher Tanzlehrers Tiberiu Palikucsan statt, geprobt wurde mehrmals im Monat bis zum Fest. Im April wurden unter sachkundiger Anleitung und dem Maßnehmen durch Edith Singer, Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Temeswar, auch erfahrene Leiterin des Trachtenvereins „Banater Rosmarein“, die neuen schwäbischen Volkstrachten geschneidert. Laut der HOG-Vorsitzenden Hella Gerber hatten die Vorbereitungen für das liebste Fest des Dorfes schon vor Monaten in Augsburg und gleichzeitig vor Ort mit dem von Hildegard Anghelaş geleiteten jüngsten Banater Ortsforum, dem Demokratischen Forum der Deutschen aus Nitzkydorf, begonnen.

Am Kirchweihtag marschierten heuer insgesamt 38 Trachtenpaare zu den Klängen der Musikkapelle der Banater Schwaben aus Augsburg (Leiter: Werner Zippel) auf. Der Trachtenzug wurde traditionsgemäß mit Blasmusik zum Haus des Vortänzerpaars begleitet. An der Spitze des Kerweihzugs und der acht Nitzkydorfer Paare befand sich das Vortänzerpaar Andrea und Raul Bălţătescu-Anghelaş mit dem bunten Kerweihstrauß. In die Rolle des „Kerweihvaters“ beziehungsweise des Kerweihnarrs war der Rekascher Tanzlehrer mit weißer Küchenschürze Tiberiu Palikucsan geschlüpft. Darauf wurden Bürgermeister Dănuţ Drăghici und sein Ehrengast, der Temescher PSD-Senator Eugen Dogariu, zum Fest eingeladen. Nach der Einladung des orthodoxen Dorfpfarrers Laurian Popa erfolgten der festliche Gottesdienst in der katholischen Pfarrkirche, zelebriert von Salvatorianerpater István Barazsuly (Temeswar-Elisabethstadt), und eine Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal.

Beim folgenden Kerweihreigen auf dem schmucken Platz vor dem Kulturheim konnten dann alle Tanzgruppen, aber auch alle Tanzlustigen von nah und fern ihr Können zeigen. Der Kerweihstrauß, der zwei Tage vor dem Fest als Zusammenarbeit zwischen dem Nitzkydorfer Ortsforum und der HOG Nitzkydorf im Haus der Kerweiheltern zustande kam, wurde traditionsgemäß versteigert: Der überraschende Gewinner war diesmal kein Nitzkydorfer, sondern ein Ortsnachbar und Freund, Ernst Bayerle, der Vorsitzende der Heimatortsgemeinschaft Bakowa.

Zum Kirchweihball im Kulturheim gesellte sich dann auch Călin Dobra, Vorsitzender des Temescher Kreisrats, als willkommener Ehrengast hinzu. Es gab Ball für alle, mit deutschen und rumänischen Volksliedern und Schlagern, mit der Augsburger Blaskapelle der Banater Schwaben und der Busiascher Gruppe „Trupa CU ASAR“, die beliebte Evergreens und Schlager aus den Siebzigern und Achtzigern darbot. Beliebte Lieder sangen der Frauenchor FIS aus Biberach-Rißegg unter der Leitung von Monika Lessmeister, erstmals in Rumänien und in Nitzkydorf, die Gesangssolisten mit banatschwäbischen Wurzeln Hedda Senn, Steffen Kohl und die siebenjährige Leona Kohl, sowie die Nitzkydorfer Akkordeonspielerin Inge Zimmermann.

Eine waschechte „Kerweihangelegenheit“ bot die mehrstündige Kegelpartie um den Schafbock unter Anleitung des Busiaschers Herbert Zirk (nun Biberach) sodann im Schatten vor dem Gemeindehaus. Der Gewinner des Schafbocks, Denis Stef aus Nitzkydorf, wurde wie anno dazumal mit großem Hallo und lautstarkem Anhang mit Blasmusik nach Hause gespielt.